Goethe in Karlsruhe
Stadtrundgang - Auf Goethes Spuren durch die Fächerstadt
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zum Stadtrundgang finden Sie hier
Goethe - Zitate zu seinen drei Aufenthalten in der Residenzstadt
Zu Details sei auf den Beitrag von Prof. Dr. Hans H. Klein (Goethe in Karlsruhe)
in der
Festschrift zum 50-jährigen
Bestehen der Goethe-Gesellschaft Karlsruhe e.V.
(Mai 2010)
verwiesen.
17. - 23. Mai 1775
Erster Aufenthalt in Karlsruhe von Heidelberg kommend über Straßburg und
Emmendingen weiterreisend:
Über diesen Zwischenstopp auf seiner ersten Schweizer Reise berichtet Goethe in
"Dichtung und Wahrheit" (18. Buch):
Nachdem die nunmehr als englisch angesprochenen Gläser unsre Zeche verstärkt hatten,
eilten wir nach Karlsruhe getrost und heiter, um uns zutraulich und sorglos in einen neuen
Kreis zu begeben. Wir fanden Klopstock daselbst, welcher seine alte sittliche Herrschaft
über die ihn so hoch verehrenden Schüler gar anständig ausübte, dem ich denn auch mich
gern unterwarf, so dass ich, mit den andern nach Hof gebeten, mich für einen Neuling ganz
leidlich mag betragen haben. Auch ward man gewissermaßen aufgefordert, natürlich und doch
bedeutend zu sein.
Der regierende Herr Markgraf, als einer der fürstlichen Senioren, besonders aber wegen
seiner vortrefflichen Regierungszwecke unter den deutschen Regenten hoch verehrt, unterhielt
sich gern von staatswirtlichen Angelegenheiten. Die Frau Markgräfin, in Künsten und
mancherlei guten Kenntnissen tätig und bewandert, wollte auch mit anmutigen Reden eine
gewisse Teilnahme beweisen; wogegen wir uns zwar dankbar verhielten, konnten aber doch
zu Hause ihre schlechte Papierfabrikation und Begünstigung des Nachdruckers Macklot nicht
ungeneckt lassen.
Am bedeutendsten war für mich, dass der junge Herzog von Sachsen-Weimar mit seiner
edlen Braut, der Prinzessin Luise von Hessen-Darmstadt, hier zusammen kamen, um ein
förmliches Ehebündnis einzugehen; wie denn auch deshalb Präsident von Moser bereits
hier angelangt war, um so bedeutende Verhältnisse ins klare zu setzen und mit dem
Oberhofmeister Grafen Görtz völlig abzuschließen. Meine Gespräche mit beiden hohen
Personen waren die gemütlichsten, und sie schlossen sich, bei der Abschiedsaudienz,
wiederholt mit der Versicherung: Es würde ihnen beiderseits angenehm sein, mich bald
in Weimar zu sehen.
Einige besondere Gespräche mit Klopstock erregten gegen ihn, bei der Freundlichkeit,
die er mir erwies, Offenheit und Vertrauen; ich teilte ihm die neusten Szenen des "Faust"
mit, die er wohl aufzunehmen schien, sie auch, wie ich nachher vernahm, gegen andere
Personen mit entschiedenem Beifall, der sonst nicht leicht in seiner Art war, beehrt und
die Vollendung des Stücks gewünscht hatte.
Jenes ungebildete, damals mitunter genial genannte Betragen ward in Karlsruhe, auf
einem anständigen, gleichsam heiligen Boden, einigermaßen beschwichtigt. Ich trennte
mich von meinen Gesellen, indem ich einen Seitenweg einzuschlagen hatte, um nach Emmendingen
zu gehen, wo mein Schwager Oberamtmann war.
Obwohl Goethe und Klopstock sich in Karlsruhe nicht begegnet sind, zeigt auch Friedrich
Pecht die beiden auf seinem 1859/60 entstandenen, heute im Museum für Literatur am
Oberrhein ausgestellten Gemälde "Goethe liest am Hofe Markgraf Karl Friedrichs 1775
zu Karlsruhe aus seinem Faustfragment vor".
Siehe dazu den Beitrag "Historienmalerei im kulturhistorischen Horizont" von Günther
Diehl in der
Festschrift zum 50-jährigen
Bestehen der Goethe-Gesellschaft Karlsruhe e.V.
(Mai 2010).
18. - 21. Dezember 1779
Zweiter Aufenthalt in Karlsruhe auf der Rückkehr von seiner zweiten Schweizer Reise:
Von Stuttgart kommend und nach Mannheim weiterreisend, schreibt Goethe an
Frau von Stein (am 20./22. Dezember 1779, zit. nach Oeftering / Richter:
Mit Goethe am Oberrhein, Braun: Karlsruhe 1881, 183f)
Hier findet man den Herzog wohl aussehend,
doch hat sich bisher noch keine Herzlichkeit zwischen
den hohen Herzen spüren lassen. Es muß sich heute geben oder nie, denn morgen früh verreisen
wir. […] Hier sind die Kinder schön und allerliebst, der Markgraf gefällig und unterhaltend,
die Markgräfin gesprächig, der Erbprinz in seinen Augenbrauen retranchirt aber gutwillig,
die Erbprinzessin sehr passiv am Gängelbande der Frau Schwiegermama. Der zweite Prinz artig
und möchte gern, der jüngste ganz ins Fleisch gebacken. So viel von der untertänigsten Sensation
des ersten Tags. Nochmals Adieu.
Mannheim, d. 22. Dez.
Von Karlsruhe sind wir gestern früh ab. Die Langeweile hat sich von Stund zu Stund
verstärkt [...] Gott im Himmel, was ist Weimar für ein Paradies!"
03. - 05. Oktober 1815
Dritter Aufenthalt in Karlsruhe im Rahmen seiner zweiten Reise an Rhein, Main und Neckar:
Nach Heidelberg, von woher er mit Sulpiz Boisserée nach Karlsruhe gekommen war,
zurückgekehrt, schreibt Goethe, den enttäuschenden Besuch bei Jung-Stilling nicht
erwähnend, an Carl August (zit. nach Oeftering / Richter: Mit Goethe am Oberrhein,
Braun: Karlsruhe 1881, 267):
Heidelberg, 6. Oktober 1815
Ew. Königliche Hoheit
bin ich zum dankbarsten verpflichtet, daß Höchstdieselben mich aus meinem Heidelberger
Kunsttraum wecken und nach Carlsruhe hin dirigiren wollten. Geh. Hofrat Gmelin
demonstrirte, den Linné in der Hand, wiederholt das Conchylien-Kabinet,
wobei sich mir der alte Spruch bewahrheitete: Um einsichtig zu werden,
müsse man das Fürtreffliche betrachten. Und gewiß, ich fühle mich eingeführt
in ein Feld, in welchem ich immer fremd geblieben.
Die für Ew. Hoheit bestimmten Mineralien werden sorgfältig zusammengelegt. Gmelin lehnte ab,
als ich von Auslagen sprach. Die Fossilien sind bewundernswürdig. Jene Chalcedon-Druse
in Basalt höchst merkwürdig.
Der Botanische Garten unterhielt uns einen ganzen Morgen, manches Neue ward glernt,
manches Alte aufgefrischt.
Weinbrenner führte mich in seinen Werken umher. Ich sah in dem Hochberger Palais die beiden
Grafen, auch die junge Gräfin. Das Theater bei einer Vorstellung, auch bei Tage gesehen, hat
mir sehr wohl gefallen. Der protestantischen Kirche haben Ew. Hoheit zu einer verzierteren
Schlußwand geholfen, indessen wird der geistliche Herr immer, zwischen dem gekreuzigten
und auferstehenden Heiland, mehr als Mauerschwalbe denn als Taube schweben. Prinz Louis
wollte ich aufwarten, fand ihn aber nicht zu Hause, hinterließ jedoch Grüße von Ew. Hoheit.
Freundliche Aufnahme habe ich überall gefunden, sogar
die Museums-Gesellschaft brachte ein artiges Ständchen, und so bin ich denn unterrichtet
und erfreut wieder nach Heidelberg zurück.
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